Mein Niederrhein – Tipps aus dem tiefen Westen

14.01.2018

Allenengen ös jett Sonn. Diese erste Zeile eines Gedichtes des niederrheinischen Dichters Paul Weyers beschreibt meine Heimat aufs Beste! Auf hochdeutsch heißt es etwa „überall gibt es ein bisschen Sonne“. Das mag meteorologisch nicht immer korrekt sein – obwohl das Wetter in der Kölner Bucht generell besser ist als anderswo – stimmt aber trotzdem. Denn wenn die Sonne nicht scheint, erhellt eben das sonnige Gemüt der Niederrheiner den Tag.

Wo genau ist der Niederrhein?

Die Region Niederrhein ist nicht das gleiche wie der untere Rheinabschnitt, der ebenfalls Niederrhein heißt. Auch politisch, historisch oder wenigstens geologisch lässt sich keine wirkliche Einheit definieren. Die Region Niederrhein erklärt sich am besten durch das, was sie nicht ist: In Westfalen, der Eifel, dem Bergischen Land und den all zuweit rechtsrheinischen Stadtteilen von Köln sind Sie nicht mehr am Niederrhein! Dafür aber grob gesprochen überall da, wo der Dialekt der Menschen eher niederländisch als deutsch klingt.

Was ist das beste am Niederrhein?

Dass es hier so schön ist. Ja, es ist alles furchtbar flach und so wirklich bleibt das Auge an nichts hängen, aber wenn doch, dann lohnt es sich. Knorrige Kopfweiden am Flussufer und im weiteren Verlauf ein kleines Schloss, ein paar Windmühlen und ab und an ein mittelalterliches Städtchen. Herz, was willst du mehr?

Was ist das erste, das ich mir am Niederrhein anschauen sollte?

Als Basis empfiehlt es sich, einen netten kleinen Ort an einem Fluss zu wählen. Am besten einen mit einer schönen Burg. Viele davon sind mittlerweile Hotels oder kommen einem als Kulisse aus TV-Sendung irgendwie bekannt vor. Wie etwa das Parkhotel Wasserburg Anholt oder Burg Boetzelaer.

 
 
 
 
 
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Wem das eine Spur zu traditionell ist, dem seit etwa das Landhotel Voshövel ans Herz gelegt.

Was ist dein Lieblingsplatz am Niederrhein, den Touristen nicht kennen?

Es gibt zwei: Erstens: Das Museum Abteiberg in Mönchengladbach. Der Kunsthistoriker Walter Kaesbach schenkte ihm 1922 einen Großteil seiner Expressionismus-Sammlung in der Hoffnung, damit beim Aufbau eines Hauses für Gegenwartskunst zu helfen. Es wäre das erste weltweit gewesen, noch vor dem MoMA. Doch das Nazi-Regime erklärte die Werke fast gänzlich für entartet. Neben einigen bedeutenden Werken von Joseph Beuys, der am Niederrhein geboren wurde und seine erste Museumsausstellung in diesen Hallen hatte, gehören auch Werkkomplexe von Gerhard Richter und Martin Kippenberger zur lohnenden Sammlung.

 

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Zweitens: Die Sequoiafarm im Kaldenkirchen. Der Grenzwald zu den Niederlanden ist Teil des Drei-Flüsse-Naturparks Maas-Schwalm-Nette. Dieser bietet mit Seen, Mühlen, schönen Spazierwegen und sehr netten Lokalen zahlreiche Ziele für Tagesausflüge am Niederrhein. Mein absolutes Highlight ist aber die Sequoiafarm in Kaldenkirchen. Hier fand die erste systematische Anzucht und Selektion von Mammutbäumen in Europa statt. Unter anderem kann man hier Berg- und Küstenmammutbäume in ihrer ganzen Pracht bestaunen.

Welche Touristenfalle sollte ich vermeiden, was muss ich unbedingt gesehen haben?

In Touristenfallen, in denen man am Ende nur Zeit, Geld und  - viel schlimmer - die gute (Urlaubs-)Laune verliert, tappt man am ehesten, wenn man den Niederrhein wieder verlässt. Deutlicher werde ich nicht, denn wer meint, sich zu weit in die Peripherie hinaus wagen zu müssen, ist selbst schuld. :) Ich empfehle daher, um bestimmte Ortsteile von Köln und Düsseldorf am besten einen großen Bogen zu machen und folgende wirkliche Highlights zu besuchen:

Archäologischer Park Xanten mit Römermuseum

Die Colonia Ulpia Traiana, wie Xanten unter den Römern hieß, wurde auf Grundlage ihrer originalen Fundamente rekonstruiert und ist heute ein Freilichtmuseum. Im Amphitheater finden in den Sommermonaten Festspiele statt. Auch außerhalb der Saison lohnt sich der Besuch für einen Spaziergang zwischen rekonstruierten Tempeln, Herbergen, Werkstätten und original Resten des Aquädukts.

Burg Linn

Auf eine ungleich umfangreichere Zeitreise begibt man sich in Krefeld. Von der Römer- über die Fürstenzeit bis ins Mittelalter und weit darüber hinaus kann man hier die Geschichte anhand der Entwicklung der Stadt und ihrer Burg Revue passieren lassen. Neben archäologischen und historischen Exponaten präsentiert das Museum Burg Linn auch regelmäßig Sonderausstellungen zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen.

 
 
 
 
 
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Wo kann man am besten shoppen?

In den Niederlanden ;) Natürlich lohnt sich bei einem Ausflug etwa nach Kleve oder Dinslaken auch ein kleiner Bummel durch die Altstadt. Den im allgemeinen eher kleinen Städten am Niederrhein machen immer neue Einkaufszentren aber nicht weniger zu schaffen als anderswo in Deutschland. Und trotzdem: Ein Ausflug in die nahe niederländische Provinz Limburg steht definitiv auf der ToDo-Liste. Das Designer Outlet Roermond vermittelt ebenso das Gefühl von Mini-Urlaub wie der Wocheneinkauf auf dem Markt in Venlo gleich hinter der Grenze – oder im Supermarkt „Die zwei Brüder von Venlo“ direkt daneben.

Was ist der eigenartigste Ort am Niederrhein?

Der wohl größte kulturelle Unterschied zwischen den Niederrheinern und dem Rest des Landes ist ein saisonaler – nämlich die fünfte Jahreszeit. Welchen Stellenwert die Narretei im Leben selbst der Säulen der Gesellschaft einnimmt, lässt sich hier erahnen: Die Dülkener Narrenakademie, die berittene Akademie der Künste und Wissenschaften, die erleuchtete Mondsuniversität tagt in der Narrenmühle zu Dülken. Höhepunkt im Leben eines Narren ist die Ernennung zum Dr. humoris causa. Eine Ehre, die übrigens nicht nur Niederrheinern zuteil werden kann. Auch Johann Wolfgang von Goethe, Konrad Adenauer, Salvador Dali, Udo Jürgens, Berti Vogts, Wernher von Braun, Hanns Dieter Hüsch und Konrad Beikircher waren oder sind Mitglieder der Akademie.

 

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Was sollte man zu einem Einheimischen nie sagen?

Wie nett man es hier „im Rheinland“ findet, dass Düsseldorf eine schöne Stadt ist oder Bochum „tief im Westen“ liegt (Danke Herbert Groenemeyer!).

Was unterschätzen die Leute am Niederrhein?

Den Hip-Faktor. Ein üppiges Frühstück in einem zum Gasthof umgebauten Bauernhof und eine Fahrraddtour entlang von Kopfweiden gesäumter Flussufer. Das klingt typisch niederrheinisch, aber auch eher nach dem idealen Tag für ein älteres Semester. Doch auch die Generation-Y findet am Niederrhein Instagram-fähige Aktivitäten. Der Kiosk mag zwar keine Mate im Kühlschrank haben (und sich sehr wundern, warum man ihn „Späti“ nennt) und die Starbucks-Dichte ist zugegebenermaßen gering. Aber viel hipper als auf der Tiger & Turtle-Achterbahn in Duisburg kann man seine Zeit auch in Berlin nicht verbringen.

 

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